#2: Ein neues Wein-Kapitel

Früher, so erzählt man, haben die Wengerter am liebsten bei Regen geherbstet, also die Weinlese durchgeführt. Die nassen Trauben brachten noch zusätzlich Masse. Und die war wichtig, denn es kam nur auf die Menge des Weines an, nicht so sehr auf dessen Qualität. Ab 55 Grad Oechsle durfte der Wein gepresst werden, so besagte es ein Schild in der Feuerbacher Kelter. Dieser Zuckergehalt entspricht einem Alkoholgehalt von grade mal 6,7 Prozent. Nicht viel, deshalb „verbesserte“ man per Nasszuckerung den Alkoholgehalt auf wenigstens 10 Volumenprozent Alkohol im vergorenen Wein, ließ „die Sonne in das Faß scheinen“, wie es die Altvorderen nannten. „Der Südzucker wird’s schon richten“, hieß es. Dennoch erfreute sich auch dieser Trollinger, im Viertelesglas geschlotzt, größter Beliebtheit, zumindest in Württemberg. Außerhalb der Landesgrenzen wollte ihn keiner haben und er hatte einen schlechten Ruf. Den Schwaben war es recht, sie konnten ihr Zeug selbst trinken. Ich kann mich an Jahre erinnern, da musste man in der Weinhandlung Nägele in der Stuttgarter Straße einen Weißwein dazu kaufen, wenn man einen Trollinger wollte. Gottseidank sind diese Zeiten Vergangenheit, so wie der sehr dürftige Qualitätsanspruch von damals. Eine neue Generation an Winzern, studiert und geübt, wollte und will es heute wissen. Sie kitzeln alles aus dem Wein heraus, bringen große und preisgekrönte Weine auf den Markt. Sie sind experimentierfreudig, neugierig, haben Mut zum Risiko, der auch belohnt wird. Spätestens mit Gründung des Verbandes der Prädikatsweingüter (VdP) erkennbar am Adler auf dem Flaschenverschluss hat sich der Qualitätsgedanke auf breiter Front durchgesetzt. In Württemberg gehören 15 Weingüter zum VdP. Namen wie Aldinger, Wöhrwag, Wachtstetter oder Schnaitmann lassen das Herz eines jeden Weinfreundes heute höher schlagen. Viele von ihnen sind biozertifiziert, erproben neues, wie etwa die Spontanvergärung oder den Verzicht auf Filtration. Alles mit dem Ziel, das beste aus der Traube zu machen, die Eigenheiten des „terroir“, oder wie man im Schwäbischen sagt des „Bodagfährtle“ (der Boden ist der Gefährte) herauszuarbeiten, auf dem die Weinstöcke wachsen. So präsentieren sich heute die Weine Württembergs, abseits von der Supermarkt-Liter-Liga, elegant, schlank und preisverdächtig. Auch der Trollinger, der vielleicht wie kein anderer Wein den Charakter der Region widerspiegelt und der bei entsprechender Verarbeitung als frischer, leichter, fast rassiger Wein daher kommt, findet vor allem bei jüngeren Leuten seine Liebhaber. Diesen Trends trägt Treber&Trester Rechnung. In der neuen Herbstweinkarte finden sich zahlreiche Weine aus VdP-Weingütern, angesagte Bioweine und experimentierfreudig ausgebaute Tropfen. Dazu eigene Sorten, die als Fasswein ausgeschenkt werden – auch dies ein neuer Trend. Kommt vorbei, probiert euch mal durch, zusammen mit der darauf abgestimmtes Herbstspeisekarte wird dies zum kulinarischen Vergnügen.